Foto: Slg. Helen u. Willy Kennedy, Österreichisches Kabarettarchiv
Willy Kennedy
(Wilhelm Kenedi)
* [1911?] in Wien; † 1942 in einem englischen Internierungslager
Schauspieler, Kabarettist
Wilhelm Kenedi wurde in eine wohlhabende Familie, die im neu errichteten Daringerhof (Sieveringerstraße) in Döbling wohnte, hineingeboren. Der Vater Richard war Geschäftsmann, die Mutter Olga musisch sehr begabt. Sie spielte u.a. Klavier, organisierte Wohltätigkeitsveranstaltungen oder Vortragsnachmittage und dürfte die künstlerische Begabung der Kinder – Schwester Helene kam 1921 zur Welt – gefördert haben.
Die Eltern lebten vor der Geburt der Kinder zeitweise in Budapest. In Wien wurde der Haushalt durch Personal unterstützt, u.a. von einer Gouvernante, die bei der Betreuung und Erziehung der Kinder half. Ausflüge und Urlaube führten die Familie innerhalb Österreichs unter anderem nach Edlach, Baden, Reutte und Maria Schutz sowie ins Ausland an die Adria, in die Alpen oder auch in europäische Metropolen.
Wilhelm Kenedi besuchte das Döblinger Gymnasium und absolvierte anschließend das Reinhardt-Seminar. Vermutlich schon in dieser Phase erfolgte die Umbenennung in Willy Kennedy.
Sein erstes Engagement führte ihn ans Stadtheater Bielitz. In der Saison 1933/34 absolvierte er dort eine Vielzahl von Auftritten, u.a. „Im weißen Rössl“, „Vor Sonnenuntergang“, „Peer Gynt“, „Walzer aus Wien“ und „Othello“. Im Jahr darauf wechselte er 1934/35 ans Deutsche Theater Mährisch-Ostrau.
Zwischen diesen beiden Engagements im Ausland ist ein Auftritt an der Österreichischen Volksbühne in Schillers „Jungfrau von Orleans“ im Juni 1934 unter der Regie von Walter Firner sowie die Mitwirkung in der von Rudolf Spitz geführten „Stachelbeere“ belegt.
Im Sommer 1935 übersiedelte Kennedy endgültig wieder in seine Heimatstadt und kehrte für „Kleinkunst im Garten“ der „Stachelbeere“ nochmal in den großen Garten des Café Döblingerhof zurück.
Im Herbst 1935 erscheint der Name Willy Kennedy erstmals in einer Rezension über „Eine kleine Herbstmusik“ in der von Stella Kadmon geführte Kleinkunstbühne „Der liebe Augustin“ im Café Prückel in der Innenstadt. Über das Jahr 1936 sind uns keine Auftritte Kennedys überliefert – ob diese Leerstelle quellenbedingt ist oder andere, etwa gesundheitliche oder private, Gründe hat ist uns nicht bekannt.
1937 spielte Kennedy in der Erstaufführung des Lustspiels „Katinka“ (von Adorjan von Bonyi und Hans Adler) im Theater an der Wien sowie in „Zirkus Universum“ auf der Kleinkunstbühne „Der Liebe Augustin“ – „In der Clownmaske kommt die Begabung des Willy Kennedy erst recht zum Vorschein“, so die Zeitung „Gerechtigkeit“. Weitere Rollen im „Augustin“ in diesem Jahr spielte er in „Oh, du liebe Weltgeschichte“, einer historischen Szenenreihe, und in den Freiluft-Sommerprogrammen „Vorwiegend Heiter“ (auch als Conférencier) und „Walpurgisnacht“ auf der Hohen Warte – „Willy Kennedy trägt darin eine überaus echte Guitry-Maske und erweiste sich auch sonst als wandlungsfähiger und vielseitiger Schauspieler“, berichtete das „Neue Wiener Tagblatt“.
Außerhalb des „Augustin“ wirkte Willy Kennedy 1937 im Studio der Scala in Julius Vogels „Die arme Maria von Schottland“ in der Rolle des Bothwell mit. Außerdem trat er bei einem lustigen Kabarettabend im Volksheim mit dem Titel „Ringelspiel“ auf. Den Gesellschaftsabend des Österreichischen Künstlerklubs im Hotel Kranz-Ambassador conférierte er und trat in einem Einakter von Arthur Schnitzler auch selbst auf.
Im Jänner 1938 gab Kennedy weiterhin den Clown im „Lieben Augustin“ und spielte am Theater in der Josefstadt in Ferdinand Bruckners „Napoleon“. Zusätzlich agierte er in John van Drutens „There’s always Juliet“ in englischer Sprache in der Wiener Komödie und das „Neue Wiener Tagblatt“ notierte: „Willy Kennedy macht gute Bonvivantfigur und hatte seinen Separatapplaus.“ Es war dies eine Premiere: Erstmals brachten Wiener Schauspieler ein englisches Stück in englischer Sprache zur Aufführung.
Im März 1938 wirkte Kennedy wiederum im „Lieben Augustin“ an der Seite von Stella Kadmon, Fritz Schrecker, Benno Feldmann oder Fritz Muliar. In der Kleinkunstrevue „Der Durchschnittsmensch“ von Curt Bry sah ihn auch „Der Tag“ und notierte: „Willy Kennedy macht den Durschnittsmenschen in allen seinen Phasen lebendig“.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1938 emigrierte Willy Kennedy nach Großbritannien, wo er als Schauspieler an der Exilbühne „Laterndl“ in London bei Kabarett-Veranstaltungen mitwirkte. Außerdem sind Auftritte in den Stücken „Musical Chairs“ und „Alibi“ am Tonbridge Repertory Theatre überliefert und erhaltene Fotos zeugen auch von der Mitwirkung an Filmen, über die wir leider nichts Genaueres in Erfahrung bringen konnten.
Im März 1942 starb Willy Kennedy in einem englischen Internierungslager – in dem nach Kriegsbeginn temporär potentiell „feindliche Ausländer“, unter die auch geflüchtete österreichische und deutsche Juden eingeordnet wurden – an den Folgen einer Krankheit. Über die Umstände, die zu diesem plötzlichen Tod führten, sind uns keine Details bekannt.
Quellen:
Österreichisches Kabarettarchiv: Sammlung Helen und Willy Kennedy.
Erna Wipplinger: Österreichisches Exiltheater in Grossbritannien (1938 bis 1945), Dissertation, Universität Wien 1984.
Frithjof Trapp, Bärbel Schrader, Dieter Wenk, Ingrid Maaß (Hg.): Biographisches Lexikon der Theaterkünstler (Band 2 des Handbuchs des deutschsprachigen Exiltheaters, hrsg. von Frithjof Trapp, Werner Mittenzwei, Henning Rischbieter und Hansjörg Schneider), Teil 1: A-K, München 1999, 497.
Hans Veigl (Hg.), Iris Fink (Mitarbeit): Verbannt, verbrannt, vergessen und verkannt. Kurzbiographien zum Thema Verfolgung und Vertreibung österreichischer Kabarett- und Kleinbühnenkünstler 1933-1945. Graz 2012, 63-64.
Birgit Peter: Gewitzt – Stella Kadmons Kabarett „Der liebe Augustin“. Ein Beitrag zur Wiener Unterhaltungskultur der dreißiger Jahre. Diplomarbeit, Universität Wien 1996.
Hans Veigl: Lachen im Keller – Kabarett und Kleinkunst in Wien 1900 bis 1945, Graz 2013.
Ingeborg Reisner: Kabarett als Werkstatt des Theaters – Literarische Kleinkunst in Wien vor dem Zweiten Weltkrieg, Wien 2004.
Zeitungsartikel aus ANNO – Historische österreichische Zeitungen und Zeitschriften: https://anno.onb.ac.at/
Die Stunde: 23.2.1937, 28.2.1937, 25.4.1937
Der Tag: 1.1.1938, 12.9.1933, 27.5.1934, 1.4.1937, 11.4.1937, 25.7.1937, 5.10.1937, 13.1.1938, 23.1.1938, 12.2.1938, 12.3.1938
Gerechtigkeit: 2.12.1937, 23.12.1937, 24.2.1938
Neues Wiener Journal: 14.4.1937, 17.4.1937
Neues Wiener Tagblatt: 2.7.1935, 11.10.1935, 19.2.1937, 29.7.1937, 3.11.1937, 31.12.1937, 11.1.1938, 20.1.1938
Neue Freie Presse: 29.6.1932
Autor/innen:
Thomas Stoppacher/Iris Fink
Letzte inhaltliche Änderung:
24.09.2025