Ein Abriss

Geschichte des Kabaretts in Österreich

Die Anfänge

Als Geburtsstunde des Cabarets wird im Allgemeinen der 18. November 1881 angegeben, als Rodolphe Salis in Paris am Montmartre sein „Chat noir“ eröffnete. Sein Vorhaben lautete…

„Wir werden politische Ereignisse persiflieren, die Menschheit belehren, ihr ihre Dummheit vorhalten, dem Mucker die schlechte Laune abgewöhnen. (Rudolf Hösch, Kabarett von gestern. Berlin 1967, S. 19)

Als Geburtstag des deutschsprachigen Kabaretts gilt der 18. Jänner 1901. Ernst von Wolzogen eröffnete an diesem Tag in Berlin das „Bunte Theater“, besser bekannt als „Überbrettl“. Dieses wiederum diente dem ersten österreichischen Kabarett als Vorbild.

Kabarettgründungen hatten Konjunktur. Allein in Berlin gab es im Frühjahr 1901 über 40 Konzessionsansuchen.

Ebenfalls 1901, am 13. April, wurde auch in München ein Kabarett eröffnet: „Die Elf Scharfrichter“ …“ u.a. mit Marc Henry und Marya Delvard. (Vgl. dazu den informativen Prachtband: Judith Kemp, „Ein winzig Bild vom großen Leben“. Zur Kulturgeschichte von Münchens erstem Kabarett „Die Elf Scharfrichter“ (1901–1904) (= Bavaria, Bd. 4). München 2017.)

In Budapest eröffnete am 16. November 1901 – zeitgleich mit dem „Jung-Wiener Theater zum lieben Augustin“ – ebenfalls das erste Kabarett, Bunte Bühne (Tarka Szinpad), mit einem Märchenstück von Franz (Ferenc) Molnár.

In Wien war es am 16. November 1901 ebenfalls so weit: Der Autor und Theaterkritiker Felix Salten eröffnete im Theater an der Wien das „Jung-Wiener Theater zum lieben Augustin“, das allerdings nur wenige Vorstellungen erlebte.

Erst 1906 kommt es zu einer nachhaltigen Wiederbelebung des literarischen Kabaretts in Wien. Marc Henry, Marya Delvard und Hannes Ruch eröffneten nach dem Ende der Münchner „Elf Scharfrichter“ in der Ballgasse das „Cabaret Nachtlicht“. Das Programm war eine Mischung aus dem Repertoire der „Scharfrichter“ und Wiener Autoren und Darsteller/innen wie Otto Julius Bierbaum, Frank Wedekind, Erich Mühsam, Peter Altenberg, Roda Roda, Egon Friedell, Carl Hollitzer oder Gertrude Barrison. Und sogar Karl Kraus war dem „Nachtlicht“ anfangs sehr gewogen.

Nach etwas mehr als einem Jahr schloss es allerdings seine Pforten. Man hatte aber bereits eine neue Sensation: Im Oktober 1907 wurde das Theater und Kabarett „Fledermaus“ als Gesamtkunstwerk in der Kärntnerstraße eröffnet. Sowohl die Einrichtung als auch die Bühnenausstattung dieses „Jugendstil-Kabaretts“ kamen von der Wiener Werkstätte. Die künstlerische Leitung übernahm einmal mehr Marc Henry. Die wienerische Note des Programms trat diesmal noch deutlicher hervor. Mitwirkende auf und hinter der Bühne waren neben Marya Delvard u. a. Peter Altenberg, Lina Vetter-Loos, Alfred Polgar, Oscar Straus, Carl Hollitzer, Oskar Kokoschka, Roda Roda oder Egon Friedell, der späterhin auch die künstlerische Leitung übernahm.
Allerdings bestand die „Fledermaus“ als literarisches Kabarett nicht lange und ging schließlich 1913 in die Revue-Bühne „Femina“ über.

Im Oktober 1906 eröffneten die Brüder Natzler im Souterrain des Theaters an der Wien das langlebige Kabarett „Hölle“. Der Star der Bühne war anfangs die Diseuse Mela Mars, die stets von ihrem Mann, Béla Laszky, am Klavier begleitet wurde. Neu im Programm waren Operetteneinakter, wie „Phryne“ von Edmund Eysler oder Franz Lehárs „Mitislaw der Moderne“, beide Libretti von Robert Bodanzky und Fritz Grünbaum, der hier auch seine ersten großen Erfolge als Conférencier feierte. Die „Hölle“ existierte bis Mitte der 1920er-Jahre.

Das Kabarett in Österreich vor 1938 spielte sich allein in der Bundeshauptstadt ab. Außerhalb Wiens gab es zwar Gastspiele, aber keine eigenständigen Kabaretts. Das sollte sich erst nach 1945 ändern.