KATHARINA PICHLER

 

DIE KABARETT.

Festival im kleinen theater im Auftrag des Frauenbüros der Stadt Salzburg

 

„A Frau is do net lustig …“

Willkommen im 21. Jahrhundert. Willkommen in Europa. Willkommen in Salzburg.

Offene Kabarettbühnen erfreuen sich seit Jahren großer Beliebtheit. Immer mehr Veranstalterinnen und Veranstalter bieten Künstler*innen gemischte Abende an, um Ausschnitte aus ihren Kabarettprogrammen präsentieren zu können. Hier ein Festivalauftritt, dort ein Festivalauftritt. Es gibt immer mehr. Mehr Möglichkeiten, mehr Konkurrenz, mehr Kolleginnen und Kollegen.

Nach achtjähriger Erfahrung im Veranstaltungsbereich und vielen Gesprächen mit Künstlerinnen und Künstlern, gibt es einen gemeinsamen Nenner in dieser so vielfältigen Branche: Männer. Männer dominieren in Österreich das Kabarettgeschehen. Männer werden für Festivals gebucht. Männer treten bei gemischten Abenden auf. Männer bekommen Soloauftritte und Männer sind die Moderatoren des Geschehens. Derzeit gibt es in Österreich ungefähr dreimal mehr Kabarettisten als Kabarettistinnen.

Die Frage, woran das jetzt genau liegen könnte, ist nicht leicht zu beantworten, obwohl sich natürlich viele richtige Antworten finden lassen. Zum einen ist es in Österreich immer noch Großteils Aufgabe der Frauen, Kinder zu erziehen und für Kinder da zu sein. Dadurch gibt es jobtechnisch Nachteile. Zum anderen ist es oft leichter, Auftritte zu ergattern, wenn man wen kennt, der wen kennt, der … Weiters ist es auch eine Frage der eingeübten Zuschreibung: Auch wenn sich Buben und Mädchen gleich verhalten, werden die Buben eher als laut und lustig und die Mädchen eher als schrill und hysterisch wahrgenommen. Zeiten mögen sich ändern und viele Klischees verschwinden bzw. werden einem Wandel unterzogen. Aber von heute auf morgen ändert sich so schnell nichts.

Dennoch: Man kann selbst eingreifen und nachhelfen. Mit dem Festival DIE KABARETT gibt das kleine theater in Salzburg nun seit 2017 Frauen eine Plattform für einen Auftritt. Es ist im Moment das einzige deutschsprachige Kabarettfestival nur für Frauen, konzipiert und gegründet 2016.
Seit Anbeginn wird DIE KABARETT vom Frauenbüro der Stadt Salzburg koproduziert und hat zudem einen festen Platz im Veranstaltungskalender der Stadt Salzburg. Das Festival findet im Rahmen der jährlich ausgetragenen Reihe „Monat der Vielfalt“ im Februar an vier Tagen, jeweils Donnerstag bis Sonntag, statt.

Wie jedes Festival entwickelt sich auch DIE KABARETT von Jahr zu Jahr weiter.
Die augenfälligste Veränderung betrifft wahrscheinlich den Untertitel: Aus DIE KABARETT. DAS FRAUENKABARETTFESTIVAL wurde bald DIE KABARETT. DAS FESTIVAL. Grund dafür ist, durch den Namen in den Köpfen des Publikums und auch der Künstlerinnen keine positiv oder negativ voreingenommene (Be-)Wertung auszulösen.

 

Programm- und Preisgestaltung

Die Zusammenstellung des Programms und die Auswahl der auftretenden Künstlerinnen setzt sich insgesamt aus unterschiedlichen Faktoren zusammen, meist aber ist es der „klassische“ Weg: Die Künstlerin fragt persönlich an oder die Agentur, die die Künstlerin vertritt. Natürlich werden Künstlerinnen vom kleinen theater auch direkt angefragt; sei es, weil sich jemand vom Haus bei einem Auftritt bereits einen persönlichen Eindruck gemacht hat oder weil es Empfehlungen vonseiten anderer Künstler*innen gab.

Zu Beginn des Festivals wollten wir pro Abend immer eine Newcomerin und eine etablierte Künstlerin zeigen. Allerdings lässt der dichte Terminkalender der Künstlerinnen es nicht immer zu, dass sich das genauso ausgeht. Wir versuchen die Umsetzung zwar nach wie vor bei der Planung, aber nicht auf Biegen und Brechen. Im Idealfall sind die beiden Acts des Abends auch inhaltlich stark konträr, um auf der einen Seite zu zeigen, dass es das klassische Kabarett nicht gibt und auf der anderen Seite auch die unterschiedlichen Erwartungshaltungen des Publikums zu erfüllen. Um ein Beispiel aus dem Jahr 2020 zu nennen: Da waren De Stianghausratschn mit Liedern und Gedichten im bayerischen Dialekt und Ulrike Haidacher, die in ihrem ersten Solo-Programm in brillanter Sprache gesellschaftskritische Statements brachte. Das erzeugt Spannung und macht neugierig auf mehr.

Die Eintrittspreise pro Abendveranstaltung wurden bereits beim ersten Festival 2017 bewusst niedrig gehalten. Dies war von der Überlegung geleitet, dass ein solches Angebot interessierte Personen zu mehr als nur einem Theaterbesuch im Rahmen des Festivals animieren könnte. Dieses finanzielle Experiment hat sich in den letzten vier Jahren bewährt, es gibt sogar Zuschauer*innen, die an allen vier Abenden vor Ort sind.

Bei einer alljährlichen Auslastung von mehr als 70 Prozent ist das Festival bereits seit der ersten Austragung auf Erfolgskurs. Der Erfolg spiegelt sich auch in der Resonanz der Besucher*innen wider. So trudeln schon im Herbst die ersten Anfragen im Kartenbüro des kleinen theaters ein, ob „es im Februar eh wieder dieses Kabarettfestival gäbe, im Rahmen dessen nur Frauen auftreten.“ Mit Freude und Vorfreude kann diese Frage stets mit „Ja“ beantwortet werden.

Erwähnenswert ist auch der Aufteilungsschlüssel der Gagen. Diese bestehen aus einem Fixum und aus einem Anteil an den Gesamteinnahmen des Festivals; d. h. die Gage ist für alle Künstlerinnen gleich hoch, unabhängig davon, wie viele Besucher*innen ein Abend hatte.

 

Auf der Festival-Bühne…  

An jedem der vier Abende präsentieren zwei Künstlerinnen oder Acts jeweils 50 Minuten lang Ausschnitte aus ihren Programmen. Bis dato waren folgende Künstlerinnen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz bei die kabarett zu Gast:

Am 9. Februar 2017 startete das Festival mit Aida Loos & RaDeschnig. Danach folgten Eva D. & Lisa Eckhart. Am dritten Tag haben Anita Köchl & Andrea Limmer Ausschnitte zum Besten gegeben und den Schluss des ersten Festivals haben Guggi Hofbauer & Die Schmähtandler bestritten.

Im zweiten Jahr eröffneten Regina Hofer & Isabell Pannagl. Franziska Wanninger & Petra Kreuzer und Astrid Golda (im Duo) begeisterten tags darauf. Für Frau Franzi & Lennie Johnson hieß es am dritten Abend Vorhang auf und den Schlussabend 2018 gestalteten Isabel Meili & Jenny Simanowitz.

2019 spielten Birgit Süß & Katie La Folle am ersten, Magda Leeb & Vaginas im Dirndl am zweiten, Anna de Lirium & Tanja Kuntze am dritten und schließlich Christine Schütze sowie Elli Bauer und Christine Teichmann (im Duo) am letzten Veranstaltungstag.

2020 eröffneten Ulrike Haidacher & De Stianghausratschn das Festival am Donnerstag, 20. Februar. Am nächsten Tag folgten Jane Mumford & Franziska Singer, am Tag drei zeigten Mika Blauensteiner & Katrin Geelvink Ausschnitte aus ihren Programmen. Den Abschluss der vierten Festivalrunde bildeten Sonja Pikart & Anja Kaller.

Das Programm für 2021 (18. bis 21. Februar) sieht planmäßig folgendermaßen aus: Donnerstag: Evelyn Pichler & Malarina. Freitag: Claudia Pichler & Patrizia Wunderl. Samstag: Miriam Hie & Erika Ratcliffe und am Sonntag 9 Volt Nelly & Caro Athanasiadis.
Aufgrund der aktuellen Covid-19-Situation ist es aber leider fraglich, ob und wie das Festival genau stattfinden wird.

 

…und hinter der Bühne

Das Team von DIE KABARETT setzt sich aktuell aus folgenden Personen zusammen: Das Kuratorinnen- und Organisationsteam des Festivals besteht aus Sabine Jenichl, Katharina Pichler und Caroline Richards (kleines theater) sowie Alexandra Schmid (Frauenbüro Stadt Salzburg). Für Graphik und Design ist Julia Fink zuständig und die technische Betreuung des Festivals übernehmen Marvin Gschnitzer und Erich Posch (kleines theater).

Neben den grandiosen Auftritten der Kabarettistinnen ergibt sich aus dem Festival ein wunderbarer Nebeneffekt: Die meisten Teilnehmerinnen sind sich nicht persönlich bekannt und lernen sich meist erst kurz vor ihrem Auftritt kennen, um das Setting zu besprechen. Daraus und aus den Gesprächen im Anschluss – mit Kolleg*innen, Mitarbeiter*innen des Theaters, Organisator*innen des Festivals etc. – ergeben sich neue Freundschaften, neue Netzwerke und in Folge auch neue, gemeinsame Projekte.

Das ist allerdings nicht überall so: Im Backstage-Bereich gibt es bei gemeinsamen Auftritten mit männlichen Kollegen noch immer unangenehme Erfahrungen für Frauen. Auch Gewicht und äußeres Erscheinungsbild von Frauen sind noch immer ausschlaggebend für die Vergabe eines Jobs. Und immer noch werden Frauen angerufen und gefragt, ob sie die Quotenfrau bei einem Kabarettfestival sein möchten.

Das Team rund um die kabarett versucht hier einen Beitrag zu leisten, um Vorurteile abzubauen und der Gleichberechtigung den Weg zu ebnen.

Amüsantes noch zum Abschluss: Beim ersten Festival 2017 gab es A1-Plakate mit dem Headliner: DIE KABARETT. DAS FRAUENKABARETTFESTIVAL. Ein Besucher des Festivals stand im Foyer des Theaters und fragte sich so laut, dass es auch die anderen Besucher*innen vernehmen konnten: „Das heißt doch das Kabarett – –“.

© Katharina Pichler, DIE KABARETT.
Festival im kleinen theater im Auftrag des Frauenbüros der Stadt Salzburg.
In: Oesterreichisches Kabarettarchiv online, 2021.


Foto: © Katharina Pichler

Katharina Pichler

Seit 32 Jahren auf der Welt. Seit zwölf Jahren in Salzburgs freier Kulturszene unterwegs. Seit acht Jahren im kleinen theater fix stationiert. Nebenbei studiert und Praktika absolviert. Zwei längere universitäre Zwischenstopps: einer davon in Shanghai (Media and Communication Management) und der zweite in Tbilisi als Unterrichtspraktikantin für Deutsch als Fremdsprache. Die zweite Leidenschaft nebst der Kulturarbeit.
Vor fünf Jahren rief Katharina Pichler zusammen mit dem Frauenbüro der Stadt Salzburg und Caroline Richards das Festival die kabarett ins Leben. Es ist zurzeit das einzige Kabarettfestival im deutschsprachigen Raum nur für Frauen. 

Veröffentlicht am: 15. Jänner 2021