Ein Abend für Jura SOYFER
„…ein armer Vorklang nur zum großen Lied“
Gestaltung: Roland Knie
Juri (genannt Jura) Soyfer wurde am 8. Dezember 1912 in Charkow (heute Ukraine, damals Russisches Kaiserreich) in eine überaus vermögende bildungsbürgerliche Familie hineingeboren: Die Mutter polyglotte Salondame, der Vater kapitalistischer Industrieller. Und auch, als die Soyfers aus Furcht vor dem bolschewikischen Umsturz die Handelsmetropole Charkow Richtung Süden verließen, kam Jura weder mit Not noch mit Flüchtlingselend auch nur in Berührung: er war knapp 8 Jahre alt, als seine Familie via Georgien und Istanbul / Konstantinopel schließlich, im Frühjahr 1921, nach Wien gelangte – und sich anschließend in Baden bei Wien niederließ, um rund ein Jahr später wiederum nach Wien zu ziehen.
Jura wechselte mit Leichtigkeit die Unterrichtssprache mitten in der Volksschule und erlernte, dank seiner stupenden Sprachbegabung, sogar das Wienerische akzentfrei. Er absolvierte auch das Gymnasium problemlos und inskribierte an der Universität Germanistik und Geschichte – da war er allerdings schon journalistisch und literarisch sehr engagiert tätig (all das übrigens mit freundlicher Duldung und regelmäßigem Unterhalt seines Elternhauses): Mit Fünfzehn trat er, unter dem Eindruck des Justizpalast-Brandes, dem Verband Sozialdemokratischer Mittelschüler bei. Er hatte noch im Gymnasium zu publizieren begonnen: Polemiken gegen das herrschende Schulsystem. – Anfang der 1930er-Jahre veröffentlichte Soyfer Prosa und politische Lyrik in der „Arbeiter-Zeitung“, dem Parteiorgan der Sozialdemokratischen Partei
1936 begann die große Karriere Soyfers als Literat am damals eminent politischen Kabarett in Wien: Er schrieb seine großen Dichtungen („Mittelstücke“) für damals so genannte Kleinkunstbühnen („Weltuntergang“, „Der Lechner Edi schaut ins Paradies“, „Astoria“, „Vineta“ oder „Broadway-Melodie 1492“), dazu und davor Gedichte, Chansons, Kurzprosa, Polemiken, Pamphlete und auch ein (groß angelegtes) Romanfragment „So starb eine Partei“. Sein posthum gesammeltes Werk umfasst mehr als 800 Druckseiten.
Jura Soyfer wurde 1938 bei einem Fluchtversuch verhaftet und vorerst ins KZ Dachau verbracht, wo zusammen mit Herbert Zipper das „Dachau-Lied“ entstanden ist. Im KZ Buchenwald stirbt Soyfer am 16. Februar 1939, mit Sechsundzwanzig, an Entkräftung und einer Typhusinfektion.
Foto: Jura Soyfer, 1936, DÖW, 00813
Eine Kooperation: Rollettmuseum Baden und Österreichisches Kabarettarchiv