Foto aus dem Buch „In einem kleinen Café in Hernals ...“; mit freundlicher Genehmigung von Ronald Leopoldi

Hermann Leopoldi

(Hermann Kohn)

* 15. August 1888 in Wien, † 28. Juni 1959 in Wien

Komponist, Klavierhumorist
 

Vater Leopold Kohn – die offizielle Änderung des Familiennamens in Leopoldi erfolgte erst 1921 – war Musiker und brachte seinen Söhnen Ferdinand (1886 – 1944) und Hermann das Klavierspielen bei. Er bemühte sich auch um Engagements für die beiden; 1904 ging Hermann bereits in sein erstes als Klavierbegleiter, später wurde er Kapellmeister, Barpianist und bald Klavierhumorist und Komponist.

1911 heirateten Hermann Leopoldi und Eugenie Kraus. Dieser Ehe entstammten zwei Kinder, Norbert (*1912) und Gertrude (*1915). Zu Beginn des Ersten Weltkrieges rückte Leopoldi ein und betätigte sich bald auch hier als Klavierhumorist und Kapellmeister im Frontvarieté.
1916 erfolgte sein erster großer Auftritt im Wiener Etablissement „Ronacher“.

Nach dem Ersten Weltkrieg schossen Vergnügungslokale nur so aus dem Boden und die Brüder Leopoldi hatten keine Sorgen um Engagements. 1922 eröffneten sie schließlich zusammen mit dem Conférencier Fritz Wiesenthal das „Kabarett Leopoldi-Wiesenthal“, kurz „L.W.“, in der Rothgasse im ersten Wiener Gemeindebezirk.
Das Lokal, indem auch Vater Leopoldi immer wieder auftrat, wurde bald weit über die Landesgrenzen berühmt. Neben Leopoldi-Wiesenthal traten hier mehr oder weniger regelmäßig Charlotte Waldow, Franzi Ressel, Armin Berg, Hans Moser, Szöke Szakall, Max Hansen, Fritz Grünbaum, Karl Valentin oder Raoul Aslan und Otto Tressler auf.
1925 musste das Lokal jedoch schließen, die Schulden nahmen überhand. Daraufhin gastierten die Leopoldis in Berlin, in der Schweiz und unternahmen Tourneen.

Hermann Leopoldi wurde langsam zu einem der populärsten Liederkomponisten und Vortragskünstler. Der Antialkoholiker schuf die Musik zu Wiener Liedern und Chansons, vertonte Texte von Peter Herz, Rudolf Skutajan, Salpeter (d. i. Karl Pollach), Theodor Waldau, Robert Katscher, Fritz Löhner-Beda, Fritz Rotter oder Hans Haller.
Seine Bühnenpartnerin war ab 1929 Betja Milskaja, eine gebürtige Russin. Gemeinsam gastierten sie u. a. Berlin, Paris, Budapest, Bukarest, Prag, Karlsbad und natürlich Wien. Ausgedehnte Sommertourneen führten sie in die bekannten Sommerfrischeorte des Salzkammergutes oder Kärntens.

Am 11. März 1938 wollten sie zusammen nach Brünn fahren (sie hatten dort ein Engagement für den 12.). Der bereits mit Flüchtlingen überfüllte Zug, unter ihnen war auch Fritz Grünbaum, durfte die tschechische Grenze nicht passieren und wurde zurückgeschickt.
Am 26. April 1938, Leopoldi hatte zusammen mit seiner Frau bereits die Einreise in die USA vorbereitet, wurde Leopoldi zur „Auskunft“ ins Polizeikommissariat gebracht, von dort in das Notgefängnis in der Karajangasse und anschließend ins KZ Dachau überstellt, wo er gemeinsam mit Fritz Grünbaum, Paul Morgan und Fritz Löhner-Beda inhaftiert war.
Im September 1938 wurden sie ins KZ Buchenwald verlegt. Dort entstand der „Buchenwald-Marsch“, dessen Text von Löhner-Beda stammt; die Musik ist von Leopoldi.

Inzwischen konnten seine Frau, die bereits in den USA war, und deren Eltern Leopoldi „freikaufen“ und schickten ein Affidavit. Leopoldi wurde nicht nur von seiner Familie, sondern auch von Reportern in New York empfangen, die ihm den Einstieg in das amerikanische Unterhaltungsgeschäft durch ihre Presseberichte durchaus erleichterten.
Bald trat er in „Eberhardt’s Café Grinzing“ in New York mit seinen Wiener Liedern auf und lernte dort Helly Möslein, seine spätere Bühnen- und Lebenspartnerin, kennen. Beide versuchten ihr Repertoire auf Englisch umzustellen – als Texter standen nun Robert Gilbert, Kurt Robitschek und auch Helly Möslein (die Tochter österreichischer Auswanderer) zur Verfügung. Das Duo Leopoldi & Möslein gastierte bald mit eigenen Konzerten in amerikanischen Städten mit großem Erfolg.

Nach Kriegsende und auf Einladung des damaligen Unterrichtsminister Dr. Felix Hurdes sowie des Wiener Kulturstadtrates Viktor Matejka kehrten beide 1947 nach Wien zurück. Leopoldi konnte dort fortsetzen, wo er 1938 jäh unterbrochen wurde. Bars, Varietés, Vergnügungslokale rissen sich um ihn, er unternahm gemeinsam mit Möslein Tourneen durch Österreich, Deutschland und die Schweiz.

1955 wurde Sohn Ronald geboren. Im Jahre 1958 erhielt Hermann Leopoldi das Goldene Verdienstzeichen der Republik Österreich; 1937, im Ständestaat, war er bereits mit dem Silbernen Verdienstzeichen ausgezeichnet worden.

Kompositionen – Eine Auswahl

In einem kleinen Café in Hernals (Herz/Leopoldi)

Am besten hat’s ein Fixangestellter (Herz/Leopoldi)

Der Krankenkassenpatient (Haller/Leopoldi)

I bin a stiller Zecher (Salpeter/Leopoldi)

Beim Hauer in der Anschicht (Skutajan/Leopoldi)

Schnucki, ach Schnucki (Skutajan/Leopoldi)

A guater Tropfen, so dreimal täglich (Salpeter/Leopoldi)

I bin a unverbesserlicher Optimist (Katscher-Spahn/Katscher-Leopoldi)

Die Novak’s aus Prag (Robitschek/Leopoldi)

Schön ist so ein Ringelspiel (Herz/Leopoldi)

Powidltatschkerln (Skutajan/Leopoldi)

Überlandpartie (Wauwau/Leopoldi)

Eine Auswahl

Hermann Leopoldi. Wie er singt und lacht. Preiser Records, 1999.

Hermann Leopoldi & Betja Milskaja. Preiser Records, 1999.

Hermann Leopoldi in Amerika. Preiser Records, 1999.

Erinnerungen an Hermann Leopoldi mit Helly Möslein. Preiser Records, 1999.

KABARETT IM KZ – Die Welt ist eng geworden. Chansons, Conférencen, Texte und Lieder von Künstlern, die in Ausschwitz, Dachau, Theresienstadt, Westerbork u.a. Lagern eingesperrt und ermordet wurden. Gesammelt und ausgewählt v. Volker Kühn. Edition Mnemosyne, 2000. u. a. mit Fritz Grünbaum, Franz Engel, Werner Finck, Kurt Gerron, Hermann Leopoldi, Paul Morgan.

Wiener Bonbons. Hermann Leopoldi & Helly Möslein. Doppel-CD, Preiser Records 2017